Wind-Klang-Kunst auf Hiiumaa

Hier eine Video zum Windharfenschiff auf Mägede Talu/Hiiumaa, entstanden im Kontext der diesjährigen Erdfeste.

Im Vorfeld hatten sich, angeregt durch die Erdfest-Idee, verschiedene biographische Fäden bei mir zu einem Teppich verwoben: Hugo Kükelhaus und Schloss Freudenberg – Johannes Matthiessen – Permakultur- Landschaftstherapie – Seminar mit Hildegard Kurt – Windharfeninspirationen von Mads Madsen in den 90er Jahren.

Die Hofgründung in Estland mit viel Aufbauarbeit warf die Frage nach dem stimmigen Moment auf: Wann sind genug zeitliche Resourcen vorhanden, um über basale Dinge hinaus diesen kulturellen Impuls zu verwirklichen? Es brauchte 5 Jahre!

Schon vor 12 Jahren waren die Windharfen von der Künstlerin Jutta Kelm /Oldenburg an der FWS Kleinmachnow auf meine Anregung hin gebaut und aufgestellt worden. Dort wurden sie zu einer Stätte des Dialogs: Unter der Windharfe wurde viel gesessen und gesprochen, sinniert und dem Wind gelauscht. Bei meinem Weggang von der Schule hatte ich sie mit der Erlaubnis der Erbauerin kopieren wollen. Klar war: Das kann nur durch die Arbeit von Freund*innen geschehen, denn die Originale waren für mich finanziell nicht leistbar. Innerhalb der letzten drei Jahre traf ich zwei Menschen, die das in hervorragender Weise bewerkstelligten, und die – auch durch diesen Prozess – zu Freunden geworden sind. Nur so waren die wertvollen Harfen für etwas mehr als den Materialpreis nachzubauen!

Einer der beiden, Jochen Asmussen aus Potsdam, wollte für seinen Arbeit kein Honorar, weil ihm »diese wundervolle Arbeit so viel gegeben« habe – und dies trotz seiner sehr engen finanziellen Situation.

Ich erwiderte, damit sei ich nur unter der Bedingung einverstanden, dass ich ihm einen Urlaub auf Hiiumaa schenke. 5 Tage konnte er sich frei machen, aber es war ihm wichtig, dass wir innerhalb dieser Zeit gemeinsam das Windharfenprojekt verwirklichen und er nicht nur am Strand liegen würde. So kam es zu unserer Projektwoche.

Der Werdeprozess gestaltete sich unglaublich dynamisch. Ich empfing den Freund mit einem sehr vagen Bild von der Gestaltung, den vorhandenen Ressourcen – alten Balken vom abgebauten Haus, Brettern, mitgebrachten Robinienstämmen etc. Den Ort hatten wir schon ein Jahr zuvor bestimmt, als wir noch gar nichts von dem konkreten Projekt wussten.

Der Sommer war bis dahin extrem trocken gewesen, so dass wir den Platz erst einmal lange wässern mussten, um die Grasnarbe zu entfernen und die Löcher bohren zu können.

Jeden Morgen überlegten wir drei (der Freund, meine Frau und ich) gemeinsam, wie sich im Laufes des Arbeitens die Gestaltung immer wieder anpassen und konkretisierten ließe. Wir waren verblüfft, wie unser Zusammenspiel das Schiff entstehen ließ, bis wir eine halbe Stunde vor der Eröffnungsfeier die Werkzeige aus der Hand legen konnten.

Zur Feier waren die estnischen Nachbar*innen eingeladet worden, denen ich versuchte die Hintergründe des Erdfestes nahe zu bringen. Am Ende tanzten die Kinder ausgelassen auf dem Schiffsdeck, die sehr geforderte Mutter meinte, sie würde sich eine Nacht alleine ruhend auf den Planken liegend wünschen.

Im Nachhinein gesehen und nachklingend gibt für mich es vier Hauptaspekte:

  • Mit dem Projekt hat unser Hof eine neue Sinngebung gewonnen, die schon latent in den ursprünglichen Motiven vorhanden war. Sie ist jetzt zur Erscheinung gekommen, für mich deutlich motivierend- impulsierend spürbar. Das tut uns beiden unendlich gut, denn es gibt auch Momente der Unsicherheit, Übermüdung und Überforderung in diesem herausfordernden Hofprojekt. Wir können an den Harfen Pause machen, lauschen und in den Himmel schauen! und neue Kräfte schöpfen...
  • Die Windharfen, die Gestaltung und der Prozess, der dahin führte, regen viele Besucher*innen an, über unsere vorwiegend kognitiven Erklärungen zur Permakultur u.Ä. hinaus in Resonanz zu gehen. Meine Frau meint, die Harfe sei ein Sehnsuchtsort für viele Menschen.
  • Zur Online-Zusammenkunft am letzten Tag der diesjährigen Erdfeste habe ich es nicht geschafft. Ich hoffe sehr, dass das in Zukunft möglich sein wird, denn es fehlt mir die übergeordnete Verbindung zu den Initiator*innen und den anderen Erdfest-Akteur*innen.
  • Künftig wollen wir einmal im Jahr in der Woche vor Johanni/ dem Erdfest zu einem einwöchigen Workshop einladen, dessen Fokus die Schaffung eines neuen Klangortes ist. Ideen für die nächsten 2 Jahre sind schon sehr konkret vorhanden.

Im Umraum entsteht derzeit ein Waldgarten, wo künstlerische Prozesse im Zusammenklang mit  ökologischen zu einem »klingenden Apfelgarten« werden können.

Christian Wittekindt

Wer steht hinter diesem Erdfest?

Mägede Talu
Bea und Christian Wittekindt

Mägede Talu
92244 Isabella küla
Estland

moving-maegede@posteo.de

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