Kreuterey – Demeter-Gartenbaubetrieb im Naturpark Westhavelland
Es hat endlich geregnet an diesem Mittsommerwochenende – welch ein Segen in der großen Dürre, die seit Wochen herrscht. Seit dem 2. Mai hat es hier nicht mehr geregnet. Nun geht ein schottischer Nieselregen übers Land, der uns und die Erde erfrischt.
Wir haben ein großes Sternenzelt aufgebaut und den Platz geschmückt: Ich habe getrocknete Sträuße und Kränze vom letzten Mittsommer aufgehängt, um sie später im Feuer zu verbrennen, der Weg ist gesäumt mit »Gebetsfahnen« – Gedichten, Liedzeilen, Segenssprüchen, Tischgebeten – um alle mit in unser Ansinnen hinein zu nehmen. Wir haben uns Gedanken gemacht und wollen mit allen Gästen zusammen eine kleine Zeremonie feiern. Es gibt ein Buffet mit sehr irdischen Speisen – selbstgemacht, aus unseren Gärten, vegetarisch. Alle haben etwas dazu mitgebracht – Dinkelbrot, Linsensuppe, Rote-Rübensalat, Knoblauchbutter, Apfelschmalz, Basilikumscherbet … Ich zähle das bewusst auf, weil diese Nahrung für mich große Erdverbundenheit ausstrahlt. Wir haben gesungen, getanzt, Texte gelesen. Als Tanz mit der Erde haben wir das Lied »Meine Füße fest auf Mutter Erde, segnen sie mit jedem Schritt, meine Seele fühlt ihren Herzschlag, und mein eigenes Herz schlägt mit« immer wieder getanzt, mitten im Regen.
Wir waren 24 Erwachsene und vier Kinder, und es war eine heitere offene Atmosphäre, auch voller Neugier und Erwartung. Mit dem Gedanken von Martin Shaw, sich einem Ort zuzueignen, habe ich den Reigen eröffnet und mich bei allen bedankt, dass sie diesen Ort durch ihr Dasein lebendig machen und ihn segnen. Ebenso bedeutsam ist uns ein Text von Wendell Berry über die Erde und unsere Körper gewesen und unser Nachsinnen darüber, dass unsere wesentlichste tägliche Verbundenheit mit der Erde unsere tägliche Nahrung ist, und was es mit uns macht, wenn 98 Prozent der Menschen in unserem Land nichts mehr mit dem direkten Nahrungserwerb zu tun haben, und wenn wir uns der Erde nicht mehr in Dankbarkeit zuwenden. Schon in den Wochen davor hatte mich Theodor Storms Geschichte von der »Regentrude« immer wieder bewegt und der Spruch, um sie zu wecken, hing zwischen den Bäumen: »Dunst ist die Welle, Staub ist die Quelle, Stumm sind die Wälder, Feuermann tanzt über die Felder. Nimm dich in Acht, eh´ du erwacht, holt dich die Mutter heim in die Nacht.« Im Osten Deutschlands kennt diese Geschichte in meiner Generation jeder. Und – wir hatten einen wunderbaren Klavierspieler ...
Unser Garten war ein bisschen verzaubert an diesem Mittsommertag und in der Nacht, und es schien, als hätten wir die alte Erdmutter für kurze Zeit geweckt.
Christina Wolff
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