HumUs-Projekt des Vereins SoLaWi Bayreuth e.V.

Welche bei unserem Erdfest gewonnene Erfahrung oder Einsicht erscheint mir persönlich (besonders) bedeutsam – und könnte vielleicht auch für andere bedeutsam sein?

Zum Erd.Fest hatte ich mit meinem 4-jährigen Sohn ein Wiesenlabyrith gemäht. In der Mitte des Labyrinths haben wir ein kleines Loch in die harte Erde gegraben. Es waren ca 200 Menschen per Newsletter eingeladen und wenige da.

Am Erd.Fest-Tag war es kühl und wolkenbedeckt, so als wollte sich die Erde schüchtern dem Fest ihr zu Ehren entziehen. Während der Vorbreitung hatte ich oft den Impuls, nicht zu viel zu organisieren oder Gott und der Welt Bescheid geben zu müssen. Das hing wohl mit meiner eigenen Unsicherheit zusammen als Initiator einer solch ungewöhnlichen Feier zu »fung«ieren. Andererseits war die »Fungus-Energie« sehr tragend für mich. Teil eines Gedanken-Herzensmycels, eines Geflechts aus Dutzenden von Initativträger*innen zu sein war und ist ein feines, Halt und Verortung schenkendes Gefühl.

Um beim Bild des Pilzmycels zu bleiben, stelle ich gerade erstaunt fest, dass das Mycel im Lebenszyklus der Pilze selbst der lebendige Organismus ist, der unsichtbar in der Erde wächst und seinen Dienst den Pflanzenwesen (oft in Symbiose) leistet. Indem er Nahrung erschließt, an die die Pflanzenwurzeln sonst nicht gelangen würden. Indem er Informationen weiterleitet, Verbindungen knüpft, die den Individuen zu einem »Mehr-als-die-Summer-seiner-Teile-Organismus« verhilft. Und im Gegenzug bekommt der Mycel-Organismus Nahrung zurück, an die er sonst nicht gelangen kann.

Natürlich wächst ein Wald auch ohne Pilzmycele – oder Gesellschaft ohne die Anbindung (emotial oder spirituell) an Erd.Feste oder Naturrituale. Doch klar ist, dass diese Gesellschaften verwundbarer gegenüber Störungen, Wandel oder Veränderung sind. Sie desintegrieren schneller, sind schneller isoliert und parzelliert. Es fehlt dann an Seelennahrung und Verbundenheit mit der Erde und in der Folge untereinander. Ich bin dankbar für das spürbare und zugleich weitgehend unbekannte Initiativen-Mycel, denn es hilft mir, ja bringt mich dazu, an das Erd-Fest zu glauben und es in mein Um-Feld zu bringen.

In dem Zusammenhang denke ich öfter an das »Dritte Reich« – eine Zeit und ein Raum, worin das menschliche Bedürfnis nach Verbundenheit mit der Erde, Land, Boden derart missbraucht wurde, dass Feste oder Rituale im Zeichen der Natur nach wie vor kaum gesellschaftstauglich sind. An dieser Stelle herrscht wohl ein kollektives Trauma. Hier sehe ich dann auch einen Heilungsimpuls, der vom Erd.Fest ausgehen kann. Und dabei ist das eigene freie Ausgestalten ganz wichtig (nicht das vom (Ver-)Führer geführt sein) – was ja zu den zentralen Merkmalen dieser Initiative zählt. Genauso wichtig scheint es mir, behutsam zu sein im Umgang mit den üblichen Kommoditäten eines Projektmanagments wie Vorbereitung, Reflexion, Evaluation, Verstetigung. Wer möchte schon bei der intimen, sensiblen Rekonvalezenz der Naturverbundenheit von Öffentlichkeit oder Presse begleitet werden? Dies kann bei Unachtsamkeit die »Genesung« negativ beeinflussen. Ängste von erneuter Manipulation und Missbrauch können so hervorgerufen werden und das noch zarte Mycel im Keim ersticken.

Im Gegensatz dazu zeigt die Ökologie der Pilze, was passiert, wenn das Mycel sich vermehrt und fortpflanzt. Pilze sprießen zu Abertausenden aus dem Boden, ihre Aberbilliarden Sporen fliegen unsichtbar durch die Luft … und werden überall dort zu neuen Mycelen, wo die Mitwelt bereit dafür ist.

Es waren letztlich ein paar Freunde beim Erd.Fest, und es war so wie immer, aber doch ein besonderer Nachmittag. Beim Gang mit meinem Sohn durchs Labyrinth hatte er sich in der Mitte etwas gewünscht und mir später verraten wollen. Er hatte sich gewünscht, dass »die Erde weicher werde« ... Natürlich hat er mitbekommen, dass der Boden von der Tockenheit sehr hart war. Gleichzeitig war ich mir sicher, es hat auch die tiefere Weisheit der Erde durch seinen Kindermund gesprochen.

Daniel Hornstein

 

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